Ein Rant über das Leben in den Zeiten des Coronavirus

Das ist ein langer Rant (meinem Corona-Ärger Luft machen) über mein Leben in den Zeiten des Coronavirus. Es hat sich in meinem Kopf viel während der COVID-19-Pandemie angesammelt und ich hoffe, dass ich durch das Schreiben dieses Rants meinen Kopf wieder einigermaßen frei bekommen kann.

Ich will keine Segelohren haben

Um die Verbreitung von SARS-CoV-2 einzudämmen, tragen wir ab dem 27. März 2020 Community Masken. Doof nur das die Masken bei mir Segelohren machen … ich will das nicht! Glücklicherweise habe ich vor kurzem gelernt, dass sich das Segelohrenproblem ganz elegant mit einem neuen Namen lösen lässt: Elfenohren … ja, ich möchte Elfenohren tragen!

Ich will gar nicht die Grenzen meiner Filter Bubble erkennen

Seit Jahren heißt es: „Wir leben alle in unseren Filter Bubbles.“ Wir nehmen nur Gedanken und Gefühle unseres eigenen homogenen sozialen Umfelds war und filtern absichtlich oder unabsichtlich alles weg, was nicht in den Kreis unseres Weltbilds passt. Die Idee der Filter Bubble ist für mich ziemlich schlüssig, ich habe rational nie daran gezweifelt, aber erst jetzt mit SARS-CoV-2 kann ich meine Filter Bubble zum ersten Mal auch wirklich fühlen … ich will das aber eigentlich nicht!

Eher angenehm und heimelig ist das fast alle Menschen in meiner Filter Bubble, meine Freunde, Bekannte und Follower (Instagram, Facebook und Twitter) dieselben Erfahrungen machen: Weltweit ist fast zur gleichen Zeit Lockdown, wir lassen uns von Freunden selbstgekochtes Essen abseilen und posten gleich die Videos davon, um zu zeigen wie entspannt wir doch mit der Krise umgehen können.

Aber das echte Alltagsleid und viel existenzieller der Tod in der Coronakrise findet fast nur außerhalb meiner Filter Bubble statt, denn gefühlt existiert nur wenig Leid in meiner Filter Bubble. Das kann rational aber gar sein kann und diese Erkenntnis strahlt die Grenzen der Filter Bubble von innen deutlich an.

  • Ich sehe am Rand der Bubble den Stress meiner in Krankenhäuser arbeitenden Freund:innen, die Menschen leiden sehen, selber leiden und nur schwer Schutzmasken bekommen können.
  • Bekannte mit Vorerkrankungen trauen sich nicht aus ihren Haus heraus.
  • Freunde mit ihren Kindern kommen langsam an ihre Grenzen und wollen trotz besseren Wissens Oma und Opa zur Kinderbetreuung einspannen, um nicht vollkommen durchzudrehen.
  • Meine extrovertierteren Freunde gieren plötzlich nach jedem Kontakt, obwohl ich mich am liebsten einigeln würde, statt zu Whatsappen und *Schreck* auch noch zu telefonieren.

Eher unangenehm ist das an den Grenzen meiner Filter Bubble plötzlich Quarantäne-Brüche als Rebellentum gefeiert werden, die Ausgangsbeschränkungen angezweifelt werden und Verschwörungstheorien in meine Social Media Feeds gespült werden. Plötzlich muss ich mit diesen mir widerstrebenden Verhalten und Gedanken meiner Freunde und Bekannten auseinandersetzen , weil es eben meine Freunde und Bekannten sind und nicht irgendwelche fremden Spinner … ich will keine schlechten Verhaltensweisen und keine blöden Ideen!

Ich will Markus Söder nicht gut finden

Erst macht Markus Söder das „Rettet die Bienen“-Volksbegehren einfach mal so und ungeändert zum Gesetz und dann scheint er bis jetzt auch noch in der COVID-19-Pandemie es eher richtig zu machen … ich wähle doch grün, ich will Söder nicht gut finden!

Ich will mehr Selbstdisziplin haben

Meine Selbstdisziplin war noch nie besonders ausgeprägt und eine depressive Episode macht Selbstdisziplin noch schwieriger. Aber die Coronakrise setzt da noch einen drauf. Ich bin privilegiert und arbeite seit etwa sechs Wochen im Home Office. Gefühlt kommen alle meine Kollegen im Home Office gut klar, laufen nebenbei noch Halbmarathons, aber ich muss hart kämpfen um noch einigermaßen produktiv zu sein und überhaupt mal wieder eine kleinere Strecke zu joggen … ich will diesen Kampf nicht!

Ich will keinen Rant schreiben wollen

Was ist ein Rant? „At its most basic, the rant post allows an author to express disagreement or anger over something or someone in an aggressive way.“, also haut man in einem Rant, einfach mal seinen gesamten angestauten Ärger heraus.

Mein Problem mit diesem Rant ist, dass der Rant eigentlich meinen unberechtigten Ärger beschreibt, denn ich bin ich sehr privilegiert und trotzdem verärgert:

  • Ich bin ziemlich fit nur etwas zu dick, bei verschieden medizinischen Check-Ups in den letzten Jahren wurden keine Vorerkrankungen erkannt. Mit 49 Jahren liege ich auch in der von COVID-19 eher nicht bedrohten Altersgruppe, zudem sehr vorsichtig. Gesundheitlich muss ich mir wohl aktuell keine Sorgen machen.
  • Ich habe einen Job, der kurzfristig sicher nicht von der COVID-19-Pandemie bedroht ist und kann problemlos im Home Office von zuhause arbeiten. Ich muss mich also jobtechnisch weder um meine finanzielle Zukunft sorgen, noch jobtechnisch um meine gesundheitliche Zukunft.
  • Für Birgit und mich ist unser gemeinsamen Zusammenleben unter den Kontaktbeschränkungen auch in der COVID-19-Pandemie beziehungstechnisch überhaupt kein Problem.
  • Meine Eltern sind fit, sehr vorsichtig und halten sich an die Kontaktbeschränkungen, ohne dass ihnen die Decke auf den Kopf fällt. Ich muss mir also familiär keine Sorgen machen.
  • Ich kenne bis jetzt nur einen einzigen COVID-19-Patienten in meinem entfernten Bekanntenkreis (in London lebender Sohn der Freundin meiner Mutter). COVID-19 ist für mich nur abstrakt und nicht konkret.

Trotz meiner tollen Ausgangsposition belastet mich die COVID-19-Pandemie und deshalb schreibe ich diesen Post, frei nach dem Motto:

We do not write in order to be understood; we write in order to understand.

Cecil Day-Lewis

Ich will ja nicht angeben … doch eigentlich will ich angeben

Während der Coronakrise habe ich bisher viele schöne Erlebnisse gehabt und das tolle Wetter genossen. Man macht ja sonst nie Sightseeing zuhause, aber während der Corona-Kontaktbeschränkungen haben Birgit und ich München auf Longboards erkundet (man kann gerade ohne Verkehr fast überall auf der Straße fahren) und viele unbekannte Ecken entdeckt. Am Gärtnerplatz Auszogne in der Sonne gegessen und Hippster begutachtet. Alle möglichen Murals gesucht. Am Flaucher die Huchen gesehen und am Isarstrand gelegen.

Trotz allem Gejammere in diesem Rant-Post ging es mir in der COVID-19-Pandemie gut 🙂 Ich habe zwar immer mal wieder mit der Psyche zu kämpfen, aber das hätte ich auch wohl ohne Corona.

Natürlich hab‘ ich auch viel gekocht und auch die besten Kuchen und Torten gegessen:

Ich will mich nicht mit der COVID-19 Reproduktionszahl herumschlagen müssen

Einige meiner Freunde und Bekannten haben Zweifel an den Ausgangsbeschränkungen und begründen das mit dem zeitlichen Verlauf der Reproduktionszahl R. Ich habe aber keine Zweifel an den Ausgangsbeschränkungen, fühle diese eher als vernünftige Empfehlung, denn als schwerwiegende Einschränkung meiner Rechte (besonders wenn ich die viel härteren Ausgangssperren in Italien, Spanien und Frankreich bedenke). Ich muss also nur den zeitlichen Verlauf der Reproduktionszahl R passend in mein Weltbild einordnen können. Leider ist das gar nicht so einfach! Und das obwohl Auswertung von allen möglichen Daten gerade eine meiner Stärken ist. Tja und das Nicht-Einordnen-Können schürt dann Zweifel an meinem Fähigkeiten und wirkt negativ auf mein schon angeschlagenes Selbstvertrauen … ich will das nicht.

Die Reproduktionszahl R gibt an, wie viele weitere Menschen ein mit SARS-CoV-2 infizierte Person anstecken wird. Ist R so um 1, dann steckt jeder Infizierter etwa einen anderen Menschen an. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen bleibt mehr oder weniger konstant. Ist die Zahl der täglichen Neuinfektionen noch unter Kontrolle, dann bleibt sie – verkürzt dargestellt – in der näheren Zukunft auch weiter unter Kontrolle. Ist R deutlich größer als 1 (und deutlich größer gilt schon ab 1,2), dann werden die Neuinfektionen explodieren. Ist dagegen R deutlich kleiner als 1, dann ist das Ende der Epidemie in Sicht. Der zeitliche Verlauf der Reproduktionszahl R für COVID-19 sieht in Deutschland etwa so aus:

Viele die an der Wirksamkeit der Ausgangsbeschränkungen zweifeln, argumentieren jetzt folgend: „Die Reproduktionszahl R lag am Tag der bundesweiten Ausgangsbeschränkungen am 23. März schon unter 1 und ist danach sogar wieder gestiegen. Also ganz logisch, gesunder Menschenverstand und so, die Ausgangsbeschränkungen bringen überhaupt nix.“

Mit nichts als nur der angeführten Grafik des RKI ist diese Argumentation eigentlich nicht zu widerlegen, nur mein Bauchgefühl sagt, das kann doch nicht stimmen. Da ich keine Ahnung von Epidemiologie habe, bin ich erstmal hilflos und suche im Internet und finde ziemlich langsam eine einleuchtende Erklärung, die zu meinem Bauchgefühl endlich passt:

Ranga Yogeshwar: War der Lockdown umsonst? vom 22.04.2020 (gesehen 29.04.2020)

Die Ausgangsbeschränkungen am 23. März 2020 sind nicht einfach so vom Himmel gefallen. Das Wissen um die COVID-19-Pandemie in China und später in Italien gibt es schon früh etwa ab Ende Januar und im Februar. Ab 6. März gilt der Kreis Heinsberg als „besonders betroffenes Gebiet in Deutschland“. Ab Mitte März schockt uns die COVID-19-Pandemie in Italien mit vielen Toten. Das alles führt dazu, dass sich die Deutschen schon ab Anfang März sehr vorsichtig werden. Man kann das deutlich an Mobilitätsdaten von Google erkennen. Genau diese Vorsicht hat zum Rückgang der Reproduktionszahl geführt. Klar jetzt kann man sagen, dann braucht’s doch keine Ausgangsbeschränkungen mehr, aber wir sind nur Menschen: Wenn man sich erstmal an eine Situation gewöhnt hat, dann wird man leichtsinniger und dann helfen klare Regeln, um nicht zu sehr über die Stränge zu schlagen … meine Meinung, die Ausgangsbeschränkungen sind richtig und sollten auch nicht einfach so wieder gelöst werden.

Auch hat der deutsche Staat nicht erst am 23. März plötzlich und hart reagiert sondern schon ab Januar mit der COVID-19-Meldepflicht. Ab Mitte Februar gibt es die Möglichkeit COVID-19-Fälle bei den Krankenkassen abzurechnen und damit die vielen Corona-PCR-Testungen zu ermöglichen. Am 8. März wird empfohlen Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen abzusagen (Fußballspiele, Starkbierfeste, etc.). Am 16. März gibt es die „Leitlinien gegen Ausbreitung des Coronavirus“ und es schließen Läden, Clubs, Restaurants nur bis 18:00 usw. Ab dem 20. März gibt es Ausgangsbeschränkungen in Bayern. All diese Maßnahmen vor dem Lockdown am 23. März haben dazu beigetragen, die Reproduktionszahl zu drücken und dann war sie eben schon am 23.03.2020 unter 1 gesunken. Rückblickend ist es immer einfach zu motzen, aber am 23.03.2020 wusste man noch nicht, das R schon deutlich niedriger war als erwartet.

— kleines Update 04.05.2020 —

Wenn man den vom Helmholtzinstitut berechneten Verlauf der Reproduktionszahl in Bayern heranzieht, dann scheint die Argumentation von oben auch schon ausgehebelt, denn es werden viel höhere Reproduktionszahlen errechnet:

Bayern_iter_104
Reproduktionzahl für Bayern berechnet von Helmholtzinstitut (gesehen 04.05.2020)

Die entsprechende Grafik von der LMU München hat einen ähnlichen Verlauf, fällt aber früher unter 1.

Statistisches Beratungslabor, Institut für Statistik, LMU München

Ich will nicht wissen, was eine Übersterblichkeit ist

Neben den Zweifeln an den Ausgangsbeschränkungen wegen der COVID-19-Pandemie in Deutschland, höre ich immer wieder zuerst „alles nicht ist nicht so schlimm, es gibt doch keine Übersterblichkeit.“ Die Übersterblichkeit gibt dabei die Zahl von Gestorbenen über dem langjährigen Mittel an, also wie viele Menschen unerwartet mehr gestorben sind.

The New York Times: 40,000 Missing Deaths:
Tracking the True Toll of the Coronavirus Outbreak vom 21.04.2020 (gelesen am 29.04.2020)

Als es dann eine Übersterblichkeit gibt heißt es plötzlich „okay, okay, man kann eine kleine Spitze sehen, aber die fällt ja auch schon wieder steil ab, also alles nicht so schlimm!“ Mein Bauchgefühl für Daten rebelliert, aber tatsächlich es ist nur eine kleine Spitze. Warum? Diesmal bin ich nicht ganz so hilflos wie bei der Interpretation der Reproduktionszahl. Der steile Abfall ist genau am Ende der Kurve, das könnte die Erklärung sein. Und tatsächlich das ist es, denn Schweden veröffentlicht mit der Zeit immer neue Daten und plötzlich wird aus der Spitze ein Gebirge. Der Grund ist, dass es einfach etwas dauert bis alle neuen Todesfälle gemeldet werden und am Ende der Grafik fällt deshalb die Kurve immer steil ab.

SCB: Preliminary statistics on deaths vom 24.04.2020 (gelesen 29.04.2020)

Es gibt also eine deutliche Übersterblichkeit und der Grund ist mit ziemlicher Sicherheit die COVID-19-Pandemie, als einziger großer Unterschied von 2020 zu den vorangegangen Jahren. Und nein es ist nicht die Grippe, denn die Grippesaison ist jetzt Ende April auch in Schweden vorbei, sieht man am wellenförmigen Verlauf der mittleren jahreszeitlichen Sterblichkeit, die im Winter immer zunimmt (meist der Grippe angelastet). Und nein die Menschen sterben nicht „mit“ COVID-19 sondern an COVID-19, weil die Übersterblichkeit sehr deutlich ist und am Jahresende mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit noch immer sichtbar sein wird, es sind dann einfach mehr Menschen als üblich gestorben. Und ja Schweden hat keinen staatlich verordneten Lockdown, deshalb können die Menschen auch nicht indirekt am Lockdown sterben (verschleppte Herzinfarkte, Suizide oder vernachlässigte Pflege, usw.).

Und so sieht Übersterblichkeit in Italien weniger abstrakt aus:

Ich will kein Blockwart sein

Gestern habe ich eine lautstarke Party in einem meiner Nachbarhäuser mit vielen unterschiedlichen Stimmen gehört … MUSS DAS SEIN HABE ICH GEFRAGT? Meiner innerer Blockwart ist jedenfalls durchgedreht. Nein ich wollte die nicht an die Polizei verpetzen, aber ich hätte mich klammheimlich gefreut, hätte es jemanden anderes getan.

Alle tragen beim Einkaufen eine Community Maske, alle bis auf eine alte tagelige Frau, die sich auch noch lautstark darüber beschwert, wenn ihr vom Personal sehr freundlich und verständnisvoll nahe gelegt wird eine Maske zu tragen. Bei diesem Streit kommt die alte Frau in Rage der armen Verkäuferin auch noch immer näher, kein halber Meter Abstand. Gut das ist eine Anekdote, aber ich habe das Gefühl, dass gerade die gefährdetsten Renter die Kontaktbeschränkungen am wenigsten einhalten können … meinen inneren Blockwart nervt das.

Ich will nicht unvernünftig sein

Vernünftig sein in einer unsicheren Zeit erfordert Selbstdisziplin, keine meiner Stärken. Tatsächlich habe ich bisher einmal die Kontaktbeschränkungen absichtlich verletzt und mich mit Freunden zu viert getroffen. Wir saßen weit von einander entfernt, haben gequatscht und selbstgemixte Cocktails getrunken … hat Spaß gemacht, aber ich hatte auch ein schlechtes Gewissen, weil es unvernünftig war.

Ich will nicht an COVID-19 erkranken

Mit sehr, sehr großer Wahrscheinlichkeit würde ich eine COVID-19-Erkrankung ohne jedes Problem überstehen. Trotzdem will ich nicht daran erkranken, denn das heimtückische an COVID-19 ist, dass man sich lange ohne Symptome gesund fühlt, aber schon andere Menschen anstecken kann … ich will keine anderen Menschen anstecken können, ich kann mir die in meinem Kopf abgehenden Grübelschleifen „jemanden aus Versehen bei einer COVID-19-Erkrankung getötet zu haben“ schon jetzt leider lebhaft vorstellen.

Ich will kein „es ist nur wie eine Grippe“

Donald Trump steht ja nicht gerade im Verdacht die COVID-19-Pandemie zu überdramatisieren, kann man deutlich an seinen Aussagen erkennen:

  • “It’s one person coming in from China, and we have it under control. It’s going to be just fine.” — 22.01.2020
  • „Working closely with China and others on Coronavirus outbreak. Only 5 people in U.S., all in good recovery.“ — 30.01.2020
  • “I think it’s going to work out fine. I think when we get into April, in the warmer weather, that has a very negative effect on that and that type of a virus.” — 19.02.2020
  • “We have contained this, I won’t say airtight, but it’s pretty close to airtight.” — 25.02.2020
  • “One day it’s like a miracle, it will disappear.” — 27.02.2020
  • „The April 2009-10 Swine Flu, where nearly 13,000 people died in the U.S., was poorly handled. Ask MSDNC & lightweight Washington failure @RonaldKlain, who the President was then?“ — 05.03.2020

ABER man kann sogar aus Donald Trumps Angaben ablesen, dass COVID-19 viel gefährlicher ist als eine saisonale Grippewelle:

And so, if we could hold that down, as we’re saying, to 100,000 [deaths] – it’s a horrible number, maybe even less, but to 100,000, so we have between 100 [thousand] and 200,000 – we altogether have done a very good job.

Donald Trump, News Conference at the White House, 30.03.2020

Zum Vergleich die offiziellen Zahlen der an Grippe Verstorben in der USA in den letzten Jahren:

USA Influenza SeasonErkrankteVerstorbene
2010 — 2011 (CDC)2128611936656
2011 — 2012 (CDC)931562112447
2012 — 2013 (CDC)3367917142570
2013 — 2014 (CDC)2973999437930
2014 — 2015 (CDC)3016545251376
2015 — 2016 (CDC)2350431922705
2016 — 2017 (CDC)2922052338230
2017 — 2018 (CDC)4480262961099
2018 — 2019 (CDC)3552088334157
COVID-19 (JHU, 30.04.2020, 13:40)104048860999
COVID-19 (Trump optimistic, 30.03.2020)100000

Die Zahlen sind schwer zu vergleichen, weil sie unterschiedlich erhoben werden, trotzdem es sind offizielle Zahlen vom CDC (Center for Disease Control and Prevention) bzw. der aktuelle Stand von der Johns Hopkins University.

Beim aktuellen Stand (30.04.2020, 13:40) hat die COVID-19-Pandemie in den USA schon fast genauso viele Tote gefordert, wie die schlimmste saisonale Grippe 2017 — 2018 des letzten Jahrzehnts, aber vergleicht man die aktuellen Infektionszahlen von COVID-19 mit knapp über 1Million mit den Grippeinfizierten 2017 — 2018 mit fast 45 Millionen, dann kann man grob schätzen das COVID-19 etwa 45 mal gefährlicher ist als die schlimmste saisonale Grippe. Mal ganz außen vor gelassen, dass bei keiner Grippewelle des letzten Jahrzehnts so umfassende Gegenmaßnahmen getroffen wurden. Und noch weiter außen vor gelassen, dass die schlimmsten Grippewelle schon längst abgeschlossen ist, aber COVID-19-Pandemie in den USA maximal und optimistisch gerade ihren Höhepunkt erreicht hat.

Ich will keine Immunitätsausweise

Die Idee eines elektronischen COVID-19-Immunitätsausweis wird von der WHO rundweg abgelehnt, aber Jens Spahn will so etwas einführen. Ich seh‘ schon, wie die Spinner mit ihrem Immunitätsausweis herumwedeln.

Aber warum ist ein Immunitätsausweis den so blöd? Da gibt es unendliche viele Gründe die dagegen sprechen:

  • Ein Immunitätsausweis spaltet unsere Gesellschaft in ungefährliche und gefährliche Menschen, aber die Menschen können bzw. sollen gerade nicht diese Eingruppierung beeinflussen.
  • Klar ist es z.B. in einem Krankenhaus gut zu wissen, dass ein Mitarbeiter an COVID-19 erkrankt war und jetzt wahrscheinlich vorerst immun ist und wohl keine Patienten anstecken kann. Das kann aber intern im Krankenhaus geregelt werden und es gibt überhaupt keinen Grund, dass der Mitarbeiter einen generell gültigen elektronischen Immunitätsausweis braucht.
  • Falls ein Immunitätsausweis irgendwelche Vorteile verspricht (Besuch von Konzerten, günstigere Tarife, besseren Zugang zum Arbeitsmarkt, etc.), dann werden viele Menschen versuchen sich absichtlich zu infizieren. Aber genau diese Menschen können auch wieder Menschen mit Vorerkrankungen anstecken und so in Lebensgefahr bringen.
  • Datenschutz ist immer ein gutes Argument gegen jegliche elektronische Datenspeicherung. Mehr oder weniger alle sind gegen einen Überwachungsstaat … außer wenn sie sich davon massive Vorteile versprechen, das ist doppelzüngig.
  • Es wird weltweit an Impfungen geforscht, warum nicht einfach etwas warten, die Situation aushalten und sich dann impfen lassen. Ein passender Eintrag im Papier-Impfpass wäre dann in Zukunft der ungefährliche Weg zum analogen Immunitätsausweis.

Ich will nicht weiter schreiben

So hoffentlich habe ich mich jetzt meinen Ärger genügend rausgerotzt, um meinen Kopf wieder frei zu bekommen. Falls nicht, werde ich diesen Rant einfach immer weiter updaten. Stay tuned!

Ich hoffe Euch allen geht es gut und das wir die COVID-19-Pandemie alle unbeschadet überstehen.

René

Ein Kommentar zu „Ein Rant über das Leben in den Zeiten des Coronavirus

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