Ready to rise again!

Seit 2017 habe ich eine mittelgradige depressive Episode entwickelt. Meine Psychotherapeutin hat mir im August 2017 eine stationäre Psychotherapie empfohlen. Anfang Februar 2018 habe ich mit der stationären Psychotherapie in der Schön Klinik Berchtesgadener Land begonnen und nach sechs Wochen abgeschlossen. Now I am ready, to rise again!

GruensteinSelfie

Ein paar Bilder

 

Feedback

In der Problemlösegruppe kann man (wenn man will) Feedback der Mitpatienten bekommen. Dabei ändert sich die Patientengruppe im Lauf der Therapie, deshalb wird das Feedback sowohl von vertrauten als auch gänzlich unbekannten Patienten gegeben. Eine interessante Mischung.

Feedback

Besonders die Worte intelligent und konzentriert/fokusiert/geordnet freuen mich unheimlich, da ich genau daran sehr häufig – eigentlich immer – zweifle. Auch das Wort motivierend ist super, denn das war früher eine meiner Stärken, aber lange fehlte mir hier diese Kraft, jetzt kann ich es wieder und bin stolz darauf.

Verletzlich und unsicher, klingen erstmal nicht so toll, sind aber ein Riesenerfolg, denn es zeigt, dass ich etwas meine Strahletiger-Maske ablegen konnte. Das Ablegen der Maske nach außen funktioniert nur, wenn ich auch die innere Maske (zu mir selbst) aufgeben kann, um besser meine Gefühle, Bedürfnisse und Konflikte zu erkennen.

Offen, hilfsbereit, sympathisch und muss man einfach mögen sind sehr schön und stimmen mit meinem Selbstbild überein, eine schöne Bestätigung.

Strahlend ist sicher zum Teil noch meine Maske, aber auch ein großer Teil meiner Persönlichkeit über den ich mich freue.

Tatsächlich habe ich sogar noch viel mehr positives Feedback bekommen:

  • „Du bist der tollste Mensch, der mir seit langem begegnet ist.“
  • „Ohne Dich wäre ich nie auf den Grünstein gestiegen.“
  • „Wow, diese Augen!“
  • „Das freundliche Gesicht der Klinik.“
  • „Wahnsinnig schlau!“
  • „Du hast mir sehr geholfen.“
  • „Du kannst schön Mut und tolle Komplimente machen.“

Alles viel Wasser und und Dünger für mein angeschlagenes Pflänzlein Selbstbewußtsein. Danke an all die tollen Menschen, die ich in der Therapie kennen gelernt habe.

Emotionale Gefühle

Montag bis Donnerstag wird bei der Gruppenvisite jeweils nach gerade empfundenen emotionalen Gefühl gefragt. Die großen emotionalen Gefühle sind dabei beispielsweise Freude, Trauer, Ärger, Angst oder Ekel. Dabei hat meine Psychotherapeutin für mich die folgende chronologische Sammlung meiner Gefühle aufgeschrieben:

  • ängstlich & neugierig
  • ruhig & Zutrauen
  • stolz & schlechtes Gewissen
  • nachdenklich
  • lustig
  • frustriert & freudig
  • gelassen & sicher
  • frustriert
  • heiter & ängstlich
  • freudig
  • erleichtert & schlechtes Gewissen
  • sorgenvoll
  • neugierig
  • sicher & traurig
  • traurig & froh
  • frustriert
  • traurig
  • Abschiedsschmerz & Stolz
  • fröhlich
  • frustriert
  • zuversichtlich & ängstlich

Rein aus den Begriffen kann man eher ein reines Auf und Ab erkennen, trotzdem fühle ich mich deutlich besser als zum Beginn der stationären Therapie.

Fitter oder weniger fit?

Hmm, solala … ich habe am Anfang viel Sport gemacht, mehrere Berge bestiegen und bin drei Skitouren gegangen. Geplant hatte ich noch mehr, aber ich kann wieder mit Freude laufen.

Die teuersten Anschaffungen?

Schuhe – Salomon S/LAB Ultra 2. Der Schuh hat in Tests nicht gut abgeschnitten, fühlt sich an meinen Füßen aber gut an. Der Schuh ist etwas warm und hat einen guten Grip. Je nach Wetter werde ich den Schuh beim 1. Chiemgau Trail Run 2018 tragen.

Gadget – Der Eaglefit BluetoothCaliber ist ein Bluetooth-Messgerät, um den Körperfettanteil zu bestimmen. Ein neues Gadget, um meinen Körper zu vermessen. Leider sind die ersten Messwerte etwas erschreckend und bestätigen eher meinen BMI, als in zu widerlegen (obwohl ich doch nur aus Muskeln bestehe … versteh‘ ich nicht).

Gadget – Das Pieps Micro ist mein neues ultraleichtes LVS (Lawinenverschüttetensuchgerät, uii ein deutsches Bandwurmwort), da ich beim Packen mein Barivox LVS zuhause vergessen hatte und hier im Berchtesgadener Land Skitouren gehen wollte und auch dreimal gegangen bin.

Mehr bewegt oder weniger?

Psyche – viel besser. Meine Psychotherapeutin, meine Psychaterin und mein Co-Therapeut haben mir zusammen sehr geholfen, die tieferen Ursachen meines schlechten Selbstwertgefühls, meines inneren harten und gnadenlosen Schimpfens mit mir, meiner Trauer anstatt Zorn bei Konflikten zu verstehen. Zudem hat mir das aus dem Alltag herausreißen geholfen und mir wieder Stärke gegeben. Tatsächlich kann ich wieder Dinge, die ich verloren hatte. Das Beste dabei, ich bemerke, dass ich diese Dinge wieder kann.

Bergsport – weniger. Das Berchtesgadener Land bietet viele Touren, tatsächlich bin ich weniger gegangen, als ich wollte. Es sind trotzdem einige Höhenmeter zusammengekommen.

Meditation – sehr viel. Ich habe fast täglich über eine halbe Stunde meditiert, dummerweise ist mein Streak bei 52 Tagen abgebrochen, aber gerade fängt der neue Meditations-Streak an und läuft. Ansonsten habe ich in der Klinik auch noch Progressive Muskelentspannung, Achtsamkeit und Qi Gong kennengelernt.

Die hirnrissigste Aktion?

Keine.

Die größte Überraschung?

Ich habe die Wurzeln meiner Depression finden können.

Das leckerste Essen & Trinken?

Das Geburtstagsessen für meinen Papa im Berchtesgadener Esszimmer.

Neue Freunde?

Mein Essenstisch, die „Schönau Gang vom Tisch 5“. Im Herbst werden wir uns zu einer Weinwanderung wiedertreffen, ich freue mich schon.

Beziehungsstatus?

Glücklich in einer Beziehung.

Die besten Bücher?

Ich hatte mir eine kleine Bibliothek mitgenommen. Das beste Buch war der neue Haruki Miurakami: Die Ermordung des Commendatore. Sonst fand ich auch von Tom Hillenbrand Hologrammatica gut. Das Buch Neanderthal von Jens Lubbadeh war okay und Die Jesus-Welle eher enttäuschend.

Der beste Film?

Keinen gesehen.

Die beste Musik?

Gabrielle Rise beim gemeinsamen Singen mit Patienten hat mich tief berührt und ich habe gespürt, dass es wieder bergauf geht.

Now I’m ready to rise again.
                      – Gabrielle Rise

Das schönste Konzert?

Ähmm, ja … kein Konzert, sondern das Berchtesgadener Bauerntheater mit dem Saisongockl. Das beste, weil einzige 😉 Tja Berchtesgaden ist am Arsch der Welt und Political Correctness im etwas derben Humor noch nicht wirklich angekommen. Trotzdem ein schönes Erlebnis.

Positive Erinnerungen ganz durcheinander

Rutschen im Salzbergwerk / Watzmannblick von der Dachterrasse im Hotel Edelweiß / Rumtollen im Schnee / Querfeldein am Königssee / Alkoholfreies Weißbier auf der Grünsteinhütte / Skitour auf den Götschenkopf / Schwelleis / höllische finnische Dampfsauna / viele Windbeutel im Windbeutelbaron / Blutwurst mit Zander / „Ihr seid Watzmann und Watzfrau“ / Valentinstag mit Herzballon / Federball / Birgit schwimmt im eiskalten Königssee / mein toller Tisch / Fechten mit Schwimmnudeln / After-Skitour-Pizza / Bauerntheater / und noch ein Enzian / Pura Vida mag kein Schnee / „Was ist das für eine Eule?“ / Fahrt mit der Abenteuerkatze / Lesen im Schneegestöber / Bombing snowy downhills / „Der Nachtclown steht auf Dich, ich beobachte das weiter.“ / kitschig schönes Trompetenecho / romantisch mit dem E-Boot auf dem Königssee / Whirlpool im Freien / Malerwinkel mit Dan / Rabenwand mit falscher Schuhwahl / Darth Betti / Pippi Langstrumpf / Fast totlachen mit lustigen Pornotiteln „Und täglich schmerzt mein Rüssel mir“ / „Demenzgruppe“ ist themenzentrierte Gruppe auf fränkisch / „Aloe Vera“ ist das neue Ayurveda / Daenerys-Tasse / Strandkorb / Superkuchen im Kaffeeklatsch / Kylo-Ren-Hose / Hochzeitspaar am Königssee

Zum ersten Mal getan?

Mit Körpertherapie Spaß haben wie ein Kind und viel über sich dabei erfahren. Vertrauensübungen wie blind geführt werden, einen Blinden führen oder sich fallen lassen, machen mir wenig Probleme. Zudem werde ich nach außen als selbstbewußt wahrgenommen, als Macher, obwohl ich innerlich mich oft unsicher fühle.

Nach langer Zeit wieder getan?

In ein Freundebuch zu schreiben, wie früher in der Schule. Eine gelbe Telefonzelle gesehen.

Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?

Viele Abschiede von Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind.

Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?

Ich habe mich überzeugt, dass viele meiner heutigen Probleme aus meiner Kindheit als behütetes Einzelkind kommen können:

  • Schwieriger innerer Umgang mit Konflikten z.B. als SCRUM Product Owner, vielleicht weil ich mich als Kind nicht mit Geschwistern zoffen musste.
  • Harmoniesucht, eben weil ich eine schöne harmonische Kindheit hatte und diese heile Welt bewahren will. In der Folge bin ich oft traurig anstatt zornig, wenn die Harmonie gestört wird.
  • Schwierigkeiten „stolz zu sein“, weil mir vieles einfach zugeflogen ist, ohne viel dafür kämpfen zu müssen.

Aber ich habe auch viel aus meiner Kindheit mitgenommen:

  • Urvertrauen, dass mir niemand etwas Böses will und ich deshalb offen und ehrlich auf Menschen zugehen kann.
  • Meine Neugier wurde gefördert und gestillt. Ich bin noch heute vielfach interessiert und schlau.

Bisher hatte ich geglaubt, dass nur Kindheitstraumata zu Depressionen führen können und deshalb ein Rumstochern in meiner Vergangenheit abgelehnt. Die Wurzel meiner Depressionen blieben mir deshalb verborgen, waren deshalb nebulös und schwer faßbar. Jetzt kann ich die Wurzeln der Depression besser greifen und damit auch besser umgehen.

Ein schönes Geschenk, das mir/ich jemand gemacht hat?

Valentinstag

Der tolle Valentinstagsballon von Birgit.

Der beste Spruch?

Now I’m ready to rise again.
                      – Gabrielle Rise

Beim „Lagerfeuer-Singen“ im Patientenzimmer hat mich diese Liedzeile tief berührt und war der spürbare Wendepunkt im Therapieverlauf in der vierten Woche.

Wir werden hier wie verletzte Tiere in einer Auffangstation wieder aufgepeppelt, aber irgendwann werden wir Tiere auch wieder in die freie Wildnis entlassen. Das ist für alle schwer, aber eben auch richtig und gut so.
                     – Problemlösegruppe

Eine schönes Bildnis für die Zeit nach der stationären Psychotherapie.

Sie haben einen sehr wissenschaftlichen Ansatz gewählt, um an Ihre Gefühle heranzukommen.
                     – Psychotherapeutin

Nachdem ich meine Gefühlswortlisten, sortiert, kategorisiert und in Qudrantendarstellung eingezeichnet hatte, bemerkte ich dann auch meine ingenieurige Herangehensweise 😉

Gute Taten?

Ich konnte vielen Menschen helfen, motivieren, trösten und unterstützen. Dabei habe ich viel zurückbekommen und vor allem bemerkt, dass ich das wieder kann.

In den Wald geschissen?

Nope.

Die Therapie war mit wenigen Worten …?

Eine sehr gute Entscheidung …

Pläne für die Zukunft?

Die Depression ist noch da, aber ich kann jetzt besser damit umgehen und sie mit der Zeit überwinden.

 

2 Kommentare zu „Ready to rise again!

  1. Allein darüber offentlich reden zu können ist größter und wichtigster Erfolg. Wir verstecken uns alle hinter FB und Instagram, zeigen nur Erfolge, die Schokoseiten, sind alle Supermänner und Supergirls. Misserfolge zu zugeben hilft nicht nur dir sondern anderen Menschen. Bleib in Fokus, ja das Leben ist kein Ponyhof. Bekomme die Erleuchtung, finde die wichtigere Dinge und bleibt dabei so wie du bist 😉

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